Sehr geehrter Herr Intendant, sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben um ein Feedback als Reaktion auf Ihre radikale Umorientierung gebeten: (Zitat aus Ihrer Mail: Geben Sie uns Ihr Feedback damit wir Sie mit unserem multimedialen Angebot stets gut informieren zu können. Wir freuen uns auf Ihre Reaktionen.) Ich höre, seit ich ein Kurzwellenradio besitze (Ende 60-er Jahre), die Deutsche Welle. Sie war mein treuer deutschsprachiger Begleiter auf vielen Urlaubs- und Dienstreisen. Die Möglichkeit, auf der ganzen Welt seriös recherchierte Nachrichten in deutscher Sprache im Radio zu hören, war und ist mir sehr wichtig. Dies ist nun nach Ihrer Senderabschaltung nicht mehr möglich. Ihre Behauptung, multimediale Inhalte im Internet würden (oder könnten) die bisherigen Rundfunkausstrahlungen ersetzen, ist unwahr: 1. Ich habe im Allgemeinen im Ausland keinen Zugang zu Onlinediensten und möchte dies auch in Urlaubssituationen bewusst nicht. Schon garnicht sollen mir dafür Kosten entstehen. . (Ggf vorhandene lokale deutschsprachige Dudelfunksender für Pauschaltouristen können niemals die hochwertigen Nachrichten- und Hintergrundsendungen der DW ersetzen.) 2. Ich höre (wie sicher viele andere Rundfunkhörer) Radio, weil es mir erlaubt, nur mit meinen Ohren dem Gesendeten zu folgen, während die Augen, Hände usw. durchaus mit anderem beschäftigt sein können. Dies kann kein Onlineangebot ersetzen. 3. Ich nutze das Radio gern, weil es (noch) zu den technischen Kommunikationsmitteln gehört, für deren Bedienung die wenigste Aufmerksamkeit und das wenigste Spezialwissen erforderlich ist. Kein anderes Kommunikationsmittel (Handy / Smartphone / Internetcomputer / Digitalradio) kann mit Analogradios diesbezüglich mithalten. 4. Mir ist es gerade in Krisensituationen wichtig, im Notfall das Radio einschalten zu können und – egal wo auf der Welt ich mich befinde und welche Infrastruktur sich vor Ort befindet – Situationsdarstellung in heimatlicher Sprache zu empfangen. Dies gibt mir Sicherheit und hilft mir im Ernstfall, Panik zu vermeiden. 5. Ich schätzte die Möglichkeit, die Rundfunkausstrahlungen weltweit ohne zusätzliche Kosten und ohne Rücksicht auf lokale Standards, Kodierungen, Zensur o.ä. verfolgen zu können, hoch ein. Sie werden – wenn Sie ehrlich sind – mir zustimmen müssen, dass keiner der von mir aufgezählten Punkte durch Ihr neues Konzept realisiert ist. Online-Angebote können Rundfunkaussendungen allenfalls unterstützen und weitergehende Informationen zu Gehörtem liefern oder verpasstes hörbar machen. Den unkomplizierten aktuellen Empfang von Audiosendungen an nahezu jedem Ort der Welt können sie niemals ersetzen. Abschließend noch ein Gedanke zu Ihrer Zukunft: Solange die Deutsche Welle auf exklusiven Frequenzen "im Äther" gesendet hat, war sie einer unter vergleichsweise wenigen Sendern weltweit, der in deutscher Sprache rund um den Globus sendete. Im Internet konkurriert sie mit vielen zehntausenden Angeboten von Onlinesendern, Kultureinrichtungen (Goetheinstitute), Nachrichtendiensten, Onlinezeitungen usw. – OHNE einen Rundfunksender an ihrer Seite. Ob die Deutsche Welle hier langfristig wirklich gebraucht wird, ist fraglich und werden sich möglicherweise auch von Sparzwängen getriebene Politiker in Zukunft zurecht fragen. In diesem Sinne halte ich Ihre Entscheidung für einen Verzicht auf Auslandsrundfunk zugunsten (beliebiger) weiterer Online-Angebote für dumm (Mir fällt kein freundlicheres Wort dafür ein). Sie verprellen Ihre treuen Hörer zugunsten erhoffter neuer Onlinebesucher Ihres Portals. Mit enttäuschtem Gruß ... Potsdam, den 27.10.2011