dieses weit verbreitete Radio ist nach ungefähr zwanzig Jahren in die Jahre gekommen und fällt zumehmend aus. Leider ist die Reparatur nicht einfach:
- Es gibt keinen offiziellen Schaltplan (aber eine "private" Planerstellung bei rm.org) - Die Servicefreundlichkeit ist sehr begrenzt - Die interne Verarbeitungsqualität ist zum Teil miserabel - Keine Unterstützung des Herstellers durch Ersatzteillieferung (VARICON!)
detaillierte und wichtige Hinweise zur Instandsetzung. Es macht keinen Sinn, sie hier einfach zu wiederholen. Es sollten sich ohnehin nur erfahrene Techniker mit der Reparatur beschäftigen.
Es kommen nur zwei Hauptfehler zum Tragen:
- Schlechte Lötstellen und Kontakte - Ausfall des Vierfachdrehkondensators (Mitsumi PVC-2LHT-L5)
Durch das Austrocknen des Gleitmittels kehrt sich seine Wirkung in das Gegenteil um. Es kommt im Laufe der Zeit zur Beschädigung des Folien- Dielektrikums. Sowohl Kurzschlüsse als auch Unterbrechungen sind möglich.
Zum Öffnen sind nur die 6 äussersten, schwarzen Schrauben auf der Rückseite zu lösen. Die beiden anderen Schauben befestigen den Transformator. Vielfachstecker sollten nicht einfach gezogen werden, denn es besteht die Gefahr, das Gegenstück aus der Platinenlötung mit heraus zu ziehen. Besser ist es, mit einem Teppichmesser den Stecker herauszuhebeln. Sollte es nötig sein, solche Verbindungsflachstecker nachzulöten, dann muss das Gegenstück gesteckt sein. Ansonsten schmilzt das Plastik und die Stifte neigen sich zur Seite. Die drei Knöpfe auf der Frontplatte sind geklebt, müssen mit Isolierband versehen und Zange bzw. Schraubstock beherzt abgezogen werden. Steckverbindungen sind unbedingt zu markieren, um Verwechslungen zu vermeiden.
Das Gerät ist äusserlich hochwertig und der Klang nach meiner Einschätzung unerreicht (Abstimmung des Gehäuses mit den Lautsprecherparametern und ausgefeilte Vorverzerrung des Frequenzgangs). Technisch ist es ein Einchip- Radio mit dem Philips IC TEA5711T und dem NF-IC TDA7266 (+LM358P).
Folglich kann man sich an der Philips Applikationsschaltung für den TEA5711 orientieren:
Der TOKO Varicon hat mit 140pF Endkapazität (AM) sogar 20pF weniger Kapazität als das Modell von Mitsumi im Tivoli Audio. Die Induktivität des Kreises beträgt 625 Mikrohenry. Die Wiederbeschaffung des Varicon ist reine Gedulds- und Glückssache. Von einer Demontage des defekten Bauteils und Umbau auf reinen FM-Betrieb rate ich persönlich ab. Es bestehen bei mir auch gewisse Zweifel, ob die Type Mitsumi PVC-2LHT-L5 alle Anforderungen für den AM-Empfang erfüllt. Auch ist unklar, ob es sich um einen Nachfolgetyp handelt, denn die Unterschiede zum Originalbauteil sind offensichtlich. Trotzdem spielt mein Gerät auf UKW nach dem Austausch nun wieder einwandfrei. Ein Frequenzversatz von ca. 500 kHz konnte am Trimmer (FM) nachjustiert werden.
Ein weiteres Gerät kam heute dran und wollte sich einfach nicht öffnen lassen. Aus einem F-Stecker und einer Antennenhalterung musste ein Werkzeug hergestellt werden:
Nach der Reparatur des letztes Geräts erscheint mir noch folgender Hinweis für den Fall wichtig, wenn nur der Drehko getauscht werden muss: Die Frontplatte braucht überhaupt nicht demontiert zu werden. Das Koaxkabel zur FM-Antenne war beim dritten Gerät wegen intentiver Heisskleberanwendung des Herstellers nicht zu trennen und wurde daher auf der Rückplatte abgelötet. Es fiel auf, dass der negative Stromversorgungs- pol über die Schirmung des FM-Antennenkabels geführt wird. (!)
Weil der Vierfachdrehko PVC-2LHT-L5 etwas höher ist, empfiehlt es sich, das Abschirmblech auf der oberen Platinenseite ebenfalls einen Millimeter höher zu setzen und entsprechend anzulöten. Das verhindert einen Ausfall des MW-Oszillators.
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In unserem Rep.Kaffee werden hin und wieder kleine Portabelradios mit solchen defekten Foliendrehkos abgegeben. In letzter Zeit hat sich eine etwas rabiate Methode recht gut bewährt: Ich flute sie einfach mit Ballistol. Dasselbe ist auf eine kleine Spritze mit sehr feiner Kanüle gezogen und in der Regel kommt man damit durch ein Schraubenloch der Trimmer. Notfalls bohre ich ein 1mm Loch an einer ungefährlichen Stelle. Anschließen wird alles auf ein kleines Schälchen gestellt, damit das überflüssige Ballistol wieder herauslaufen kann - man will es ja nicht verschwenden. Schätzungsweise in 9 von 10 Fällen funktionieren die Drehkos am nächsten Tag wieder und bisher ist keins der auf diese Weise instandgesetzten Radios wieder im Kaffee aufgetaucht. Ich hoffe, daß das daran liegt, daß die Geräte wieder zuverlässig funktionieren.
bezüglich Tivoli Audio kann man im Netz lesen, dass vergleichbare Aktionen mit z.B. Tuner 600 mal erfolgreich und mal erfolglos waren. Nun ist Balistol natürlich nicht mit schnell flüchtigen Substanzen vergleichbar.
Die ausgebauten Drehkos werde ich natürlich nicht entsorgen, sondern ebenfalls mit Balistol bearbeiten und berichten. Ein Loch muss ich nicht bohren, weil lediglich eine Plastikkappe abzuziehen ist.
Ausser bei den Tivoli Audio Geräten ist mir ein vergleichbarer Fehler noch nicht vorgekommen. Sind das bei dir Geräte aus DDR-Produktion?
WalterBar: Sind das bei dir Geräte aus DDR-Produktion?
Gruss Walter
Ja teilweise aber auch bei neueren Modellen anderer Hersteller hatten wir den Fehler in letzter Zeit häufiger. Ein dem Tivoli ähnliches war auch dabei aber ich habe nicht mehr in Erinnerung, ob es ein Original oder ein Nachbau war. Und wie Du schon schreibst: Es hilft nicht immer aber doch erstaunlich oft.
die Balistol-Behandlung über Nacht war soweit erfolgreich. Die Drehko-Achse ist leichtgängig geworden. Allerdings stieg die Kapazität um mehr als 10% an. Das dürfte beim Model One allerdings hierzulande kein Problem darstellen, weil der Abstimmbereich von 530 bis 1700 kHz einen Versatz von 100 kHz zulässt.
Freut mich, daß es geholfen hat. Die Kapazitätserhöhung habe ich bisher noch gar nicht bemerkt. Vermutlich ist es wichtig, dem überflüssigen Öl genügend Zeit zum Herauslaufen zu lassen.