RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
Hallo Freunde,
ich hatte ja schon mehrfach angekündigt, die beiden RCA-Empfänger aus dem Zeitraum 1923/24 vorstellen zu wollen, weshalb ich hier mal mit dem kleineren "Radiola III" anfange.
Es handelt sich um einen Einkreis-Rückkopplungs-Empfänger mit einer einstufigen NF-Verstärkung. Das Gerät wird betrieben mit zwei Röhren des Typs "WD-11". Die in diesem Gerät enthaltenen Röhren sind die schon etwas "geschrumpften" Röhren im Gegensatz zu der ersten Ausführung mit Messingsockel und hohem Kolben (vergleiche meinen Eintrag unter "Aeriola Senior"!). Sie sind etwas kürzer, haben einen Bakelit-Sockel, aber noch immer einen oben liegenden Pumpstutzen - in dieser Form stammen sie ziemlich punktgenau aus dem Jahr 1923, denn kurz danach wurden sie durch Typen mit schlankerem (voll vergettertem) Kolben und ohne offenem Pumpstutzen abgelöst.
Die Abstimmung in diesem Empfänger erfolgt in der bewährten Variometerschaltung ohne Drehko. Auch die Rückkopplung erfolgt über ein weiteres Variometer (daher die beiden nebeneinander liegenden Regler). Die Heizspannung von 1,5V max wird über das große Poti eingestellt und soll bei den Röhren nur zu einem ganz dunkelroten Glühen führen (sieht man eigentlich nur bei fast vollständig gedimmten Licht); mehr schadet den sehr empfindlichen (und teuren) Rohren!
In den vier kleinen Patronen sind die Ankopplungs-Kondensatoren für die Antenne und die R/C-Kombination für das Audion untergebracht. Der hier vorgestellte Empfänger stellt eine frühe Ausführung dar, da in den späteren fünf Patronen enthalten sind - dies hier ist noch das erste "Vierer-Modell".
Die Ankopplung des Audions an die Verstärker-Röhre erfolgt über einen NF-Trafo (Verhältnis etwa 1:8). Das Gerät ist allerdings nur für Kopfhörer-Empfang ausgelegt. Es gab einen zusätzlich zu kaufenden NF-Verstärker mit noch zwei WD-11 und Trafo-Kopplung, sowie die "große" Ausführung dieses Geräts mit eingebautem NF-Verstärker (und vier Röhren insgesamt) unter der Bezeichnung "Radiola IIIa" (habe ich auch - sogar im orig.-Karton - kommt in einem späteren Posting).
Das Besondere an diesem Gerät ist übrigens, daß es sich um die (exakt baugleiche) Ausführung für den kanadischen Markt handelt. Bemerkbar ist dies an dem aufgebrachten Etikett auf der Rückseite und an dem Westinghouse-Emblem auf der Bedienplatte (hier prangt bei den US-Geräten der Schriftzug "Radiola III" mit den Großbuchstaben "RCA") !!
Das Gerät arbeitet mit Spannungen von 22,5V (für das Audion) und 45V (für den NF-Teil), ist sehr trennscharf und ein wirklich guter Empfänger. Verbessern lassen sich die Empfangseigenschaften mit anderen Röhren (etwa UX199/299 oder 864), für die man dann allerdings einen Zwischensockel braucht - diese moderneren Röhren sind aber wesentlich steiler und bringen ein deutliches Plus zum Empfang mit originalen WD11.
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07.02.12 23:00
roehrenfreak
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07.02.12 23:00
roehrenfreak
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Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
Hallo Freedi,
und wieder ein traumhaft schön erhaltenes Exemplar aus der Frühzeit des Radios, was Du da ergattert hast. Gratuliere!
Was mir nebenher so auffällt: Die Anordnungsfolge der Bedienorgane für [Wirkung] "Lautstärke" = links und "Abstimmung" = rechts fand offensichtlich schon sehr früh statt. Auch wenn ich so durch meine 20er, 30er...>40er-Jahre-Geräte gehe - es ist stets die gleiche Anordnungsfolge. Mir ist momentan auch kein Gerät erinnerlich, wo das andersherum war. Oder teusche ich mich da?
Freundliche Grüsse, Jürgen rf
Der Pessimist nörgelt über den schlechten Wind Der Optimist wartet auf besseren Wind Der Realist richtet sein Segel optimal nach dem herrschenden Wind (Seglerweisheit) http://www.rettet-unsere-radios.de
Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
... ein interessanter Gedanke - darüber habe ich noch nie nachgedacht ...
Du hast in der Tat recht: wo es zwei Knöpfe zur Einstellung gibt, fällt mir auf Anhieb auch kein Gerät ein, wo es anders herum wäre! Bei "Drei-Knopf-Geräten" (vgl. etwa VE301 und 301dyn) sitzt die Lautstärke allerdings gern mal rechts.
Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
Hallo Freedi,
... wobei als "Lautstärke-Einsteller" in seiner eigentlichen Funktion die Antennenkopplung hergehalten hat. Und die war auch wieder ... Links.
Die Funktion "Abstimmung" lag bei den Rückkoppel-Empfängern dabei oft in der Mitte (z.B. Telefunken T40, VE, DKE...). Aber nicht immer, wie z.B beim Mende 169/35W, der auch rechts (unterer Drehknopf) abgestimmt wird.
Das Einstellorgan für die Rückkopplung war jedoch stets rechts angeordnet, wie ich bisher beobachten konnte. Frühe Vereinheitlichung?
Freundliche Grüsse, Jürgen rf
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Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
Hallo Juergen,
ja, stimmt - die eigentliche "Lautstärke" im Sinne der Antennenankopplung war auch bei den VEs auf der linken Seite! Ein merkwürdiges Phänomen ....
An eine so frühe Vereinheitlichung (noch dazu kontinentübergreifend) mag ich nicht glauben; eventuell gibt es eine psychologische Erklärung dafür (haben wir niemanden mit dieser Berufsausbildung hier im Forum?!) im Sinne von "Rechtshänder / Linkshänder" o.ä. ?!?
Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
Hallo Freedi, hallo Jürgen,
Freed-Eisemann:An eine so frühe Vereinheitlichung (noch dazu kontinentübergreifend) mag ich nicht glauben; eventuell gibt es eine psychologische Erklärung dafür (haben wir niemanden mit dieser Berufsausbildung hier im Forum?!) im Sinne von "Rechtshänder / Linkshänder" o.ä. ?!?
Ich denke, dass die Einstellungen die mit viel Fingerspitzengefühl zu tätigen sind, generell eher rechts angeordnet werden. Dies fällt einem Rechtshänder leichter und da die Masse der Konsumenten und Radioentwickler sicherlich dieser Gruppe zuzuordnen ist, glaube ich an einen ergonomischen Zusammenhang. Dies ist aber nun wirklich wieder ein spannender Aspekt, den ihr da aufgewühlt habt.
Ansonsten Freedi, ... wieder ein absolutes Highlight! Der Zustand des Gerätes ist völlig beeindruckend. Schöne Bilder....fein, fein..
Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
@Joe: "Ich denke, dass die Einstellungen die mit viel Fingerspitzengefühl zu tätigen sind, generell eher rechts angeordnet werden. Dies fällt einem Rechtshänder leichter und da die Masse der Konsumenten und Radioentwickler sicherlich dieser Gruppe zuzuordnen ist, glaube ich an einen ergonomischen Zusammenhang."
Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
Freed-Eisemann: Verbessern lassen sich die Empfangseigenschaften mit anderen Röhren (etwa UX199/299 oder 864), für die man dann allerdings einen Zwischensockel braucht - diese moderneren Röhren sind aber wesentlich steiler und bringen ein deutliches Plus zum Empfang mit originalen WD11.
Hallo Freedi, hallo zusammen,
zu diesem alten Beitrag möchte ich noch erwähnen, dass eine US-amerikanische Firma die für die Luftfahrt entwickelte und mikrofoniearme 864 in einem WD-11 Sockel anbot, sodass sich ein Zwischenadapter erübrigte. Die WD-11 wurde 1924 sehr schnell fallen gelassen, weíl sie durch einen konstruktiven Fehler bei Heizfadenbruch einen der Heizanschlüsse mit der Anodenspannung verband und dadurch die zweite Röhre ebenfalls durchbrannte. Schlimmstenfalls auch Transformator und Variometer. Nach 1930 verschwand die bis heute teure WD-11 aus den Katalogen.
Gruss Walter
Nachtrag: Die WD-11 war für die damalige Zeit sehr innovativ. Der Heizfaden (1,1V, 250mA) bestand aus einer Platin-Iridium-Legierung und war mit einem Gemisch aus Barium und Strontium beschichtet. Der Betrieb mit Trockenbatterien war beliebt, denn sie kosteten 40 Cent, während Bleisammler bei 10 ... 20 Dollar anzusiedeln waren. Ausserdem konnte auf dem Lande ohnehin niemand die Sammler mangels Elektrifizierung laden. Viele Windräder bei Farmern dienten ausschliesslich der Ladung von Bleiakkus.
Nachtrag vom 06.11.2020:
Momentan steht die Renovierung eines Radiola III an, an dem (fast alles) marode ist. Der Radiola III war eine "Low-Cost"-Variante des Radiola RS. Daher müssen alle Kondensatoren und die R/C-Kombination aufbereitet werden. Es eignet sich dazu ein 35 mm Stück Aussenisolation des RG-213U Koaxkabels.
Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
Hallo zusammen,
nachdem der Radiola III knapp 3 Jahre auf meiner Wunsch-, Warte- bzw. Beobachtungsliste stand, ist er mir diesen Monat "zugelaufen". Die Kaufentscheidung war eine Sache von Sekunden, zumal für den Preis normalerweise gerade einmal die funktionsfähigen Röhren WD-11 - wenn überhaupt - erhältlich sind. Seit ein paar Jahren besteht zudem ein Exportverbot für Elektronenröhren aller Typen aus den USA. Aufgrund des Typenschilds und der Frontplattenbeschriftung ist es ein Gerät aus dem zweiten Produktionslauf ab dem 19.05.24 mit der Seriennummer 279662. Leider mussten alle Kondensatoren und die R/C-Kombination ausgetauscht werden, obwohl Papier, Glimmer, Aluminiumfolie, Wachs und Klebstoff verwendet wurde. Dabei wurden die originalen Bolzenkappen natürlich wieder verwendet. Die Kapazitätswerte lagen alle unter 25pF.
Es ist nicht sinnvoll, Michaels Ausführungen zu wiederholen. Ich will mich nur auf Ergänzungen beschränken. Es macht auch keinen Sinn, für die hier vorliegende, baugleiche RCA-Version ein neues Thema zu beginnen.
Der Radiola III wurde in 4 Produktionsläufen mit einer Gesamtauflage von etwa 260.000 Stück zwischen 2.Februar 1924 und 1926 produziert. Es gibt in den USA Streit darüber, wer das Gerät ungeachtet der Frontplattenbeschriftung wirklich produziert hat: General Electric, Westinghouse oder RCA: Der Autor des Buches "The Golden Age of RCA", Eric P. Weenas kommt zu dem Schluss, dass es Westinghouse war und zählt dafür mehrere Begründungen auf.
Wie auch immer: Der Radiola war aufgrund seines Preises von 35 Dollar (mit Röhren und Kopfhörer ohne Batterien) der erfolgreichste Empfänger in den 2,5 Jahren seines Verkaufs. Es war gewissermassen ein "Volksempfänger" verglichen mit dem Radiola RS und dem mehr als doppelten Preis von $85 und einer aufwendigeren Verarbeitung im Stile des Aeriola Senior. Natürlich wurde im Aufbau deutlich gespart. So musste die Erde beispiels- weise an der Batterie angeschlossen werden. Kondensatoren (Papier, Alu-Folie, der 500pF auch mit Glimmer und Wachs) wurden ohne Lötung nur auf die Kappen gepresst. Buchsen für den Kopfhörer vermisste man ebenfalls: Es lassen sich nur 2mm-Drähte in die vorgesehenen Löcher stecken.
Ortssender konnte der Radiola III mit einem guten Trichterlautsprecher durchaus in Zimmerlautstärke wiedergeben. Üblicherweise war er aber für Kopfhörerbetrieb ausgelegt und erlaubte 6 verschiedene Anschluss- möglichkeiten der Antenne:
Die beiden Variometer für die Abstimmung und Rückkopplung befinden sich auf einem Spulenkörper und entsprechen weitgehend dem Aeriola Senior. Die Dimensionierung ist hier zu finden:
Es war neben einem speziellen Antennenumschalter ebenfalls noch ein push-pull-2-Röhrenverstärker mit ebenfalls 2x WD-11 erhältlich, der allerdings nur 50.000 mal verkauft wurde und 2 weitere B-Batterien (insgesamt 90V Anodenspannung) erforderte. Die anfangs 5, später 6 verschiedenen Antennenkonfigurationen passten die verfügbaren Antennen- längen bzw. Frequenzbereiche an und unterschieden zwischen empfindlich und selektiv. Im letzten Fall wurden die Koppelkondensatoren Bestandteil des Schwingkreises durch Schaltung des Bügels nach Masse. Den Schalter kann man sich hier im WGF ansehen. Der Radiola IIIa von Freed-Eisemann hatte die Gegentakt- Audio-Endstufe für einen Trichterlautsprecher integriert:
Re: RCA Radiola III von 1923 (in der Westinghouse-Ausführung)
Teil 2 ...
Der Zusatz-Antennenschalter konnte bzw. musste sogar auf dem Zubehörmarkt einzeln gekauft werden und passte sowohl für den Radiola III als auch III-A: Wie Michael schon berichtet hat, erhielt der Empfänger ab der Baureihe 2 einen weiteren 250pF Kondensator zwischen der Antenne und der R/C- Kombination. Die Folge dieser Entkopplung zur Antenne war eine höhere untere Empfangsfrequenz: 470 anstelle 400 kHz. Auf der anderen Seite wurde die Skala damit unabhängiger von den Eigenschaften der angeschlossenen Antenne. Kurz nach dem Einschalten wurde gleich klar, warum RCA den Begriff "Regenerative" weggelassen hat: Nur selten tritt überhaupt ein Rückkopplungspfeifen auf, eigentlich nur bei sehr kurzen Antennen
Noch einen Hinweis zur Restauration:
Die Bauteile in meinem Exemplar waren alle marode und mussten aufwändig zerteilt und mit Glimmerkondensatoren neu bestückt werden. Der äussere Isolierschlauch von RG-213 Kaoaxkabel passte genau in die Kappen hinein. Die beiden Variometer zeigten Kontaktprobleme. Sie funktionierten nicht bzw. nur mit vielen Unterbrechungen sowohl im Abstimm- als auch Rückkopplungskreis. Das Problem war zweigeteilt. Zum einen gab es Kabelbrüche zu den Rotoren. Ausserdem verhinderte Flugrost auf der Achse der Rotoren einen zuverlässigen Kontakt.
Das Wumpus Archiv sollte um folgende Angaben ergänzt werden:
Gewicht = 1,5kg Abmessungen Breite 20 x Tiefe 16 x Höhe 14,5 cm
Gruss Walter
Nachtrag vom 09.11.2020:
Die für meine Antennenverhältnisse passende Antennenkonfiguration sieht so aus:
Damit wird für mich deutlich, was der Hersteller unter "normaler" und "durchschnittlicher" Antenne verstand:
normal = 30 ... 40 Meter durchschnittlich = 10 ... 20 Meter
Obere Buchse: untere Hälfte des Mittelwellenbandes Untere Buchse: obere Hälfte des Mittelwellenbandes
Soll nur die Mitte empfangen werden, kann der Kurzschlussbügel ausgefahren werden.