mittlerweile sind (neue) Analog-Oszis so gut wie nicht mehr erhältlich und die "digitalen" teilweise schon richtig billig aus China zu haben. Daher möchte ich mich hier mit den "Digital-Oszis" beschäftigen, die korrekt "digitale Speicher-Oszilloskope" (DSO) heissen.
Technische Details folgen im Teil 2, hier geht es um allgemeine Mess- und Darstellungsprobleme und Fallstricke. Ursache allen Übels ist das Sampling, also das Abtasten des Signals. Wird das Sampling-Theorem verletzt, also wenn es Frequenzkomponenten im Signal hat, die gleich oder grösser der halben Samplingfrequenz sind, entsteht Aliasing, was zu falschen Messungen führt, wie z.B. hier:
Eigentlich ist das ein Sinus mit 10MHz, aber es sieht wie ein AM-Signa aus. Umschalten auf "Peak-Erfassung" zeigt dann das, was man auf einem Analog-Oszi sehen würde, die Einstellungen sind dieselben:
In diesem Fall zeigt das Oszi jeweils den minimalen und maximalen Wert des Signals von einem zum nächsten Sample.
Eine weitere Variante ist die Mittelung des Signals von einem Sample zum nächsten:
In diesem Fall nicht sehr hilfreich, es gibt einfach eine Linie mit dem Mittelwert. Verrauschte Signale können so aber geglättet werden, und die effektive Auflösung des A/D-Wandlers steigt.
Aliasing tritt schneller auf als man denkt. Die vom Hersteller angegebene Samplingfrequenz gilt nämlich nicht immer, sondern hängt von der Zeitbasiseinstellung und je nach Gerät von weiteren Parametern ab. Der Grund dafür ist einfach: die gesamte Messkurve muss im Speicher Platz haben. Bietet der Speicher z.B. Platz für 10'000 Samples und beträgt die Abtastfrequenz nach Hersteller 1GHz, dauert es gerade einmal 10s, bis der Speicher vollgeschrieben ist. Somit muss die Samplingfrequenz reduziert werden, wenn die Messdauer länger als 10s ist (also einer Einstellung >1s/Div bei den üblichen 10 horizontalen Skalenteilen). Somit tritt Aliasing vor allem dann auf, wenn die Zeitbasis zu langsam eingestellt ist, was schon oft zu Verwirrungen geführt hat, auch bei Profis.
Hier ist noch wichtig zu wissen, dass Aliasing nicht nur beim Abtasten des Signals durch den A/D-Wandlung entsteht, sondern auch bei der Darstellung auf dem Bildschirm, da die horizontale Auflösung normalerweise viel kleiner ist als die Anzahl Samples, die gemessen wurden. Schon ein einfaches Oszi hat Speicher für 4000 Samples, aber auf dem Schirm können auch bei Profigeräten nur 1000 dargestellt werden, somit muss also dezimiert werden. Da dieses Problem aber erst bei der Darstellung entsteht, kann man durch Ändern der Zeitbasis oder "Zoomen" die fehlenden Samples trotzdem sichtbar machen, denn im Speicher sind sie ja vorhanden:
Umgekehrt gibt es bei sehr kurzer Zeitbasiseinstellung weniger Samples, als auf dem Bildschirm darstellbar wären, dann wird zwischen den Samples interpoliert, damit das Signal lesbarer wird. Hier ohne Interpolation, das Sample wird einfach wiederholt dargestellt, bis ein neues verfügbar ist, was die typische "Treppe" ergibt:
Mit Interpolation ist die Kurve deutlich aussagekräftiger:
Die Idee der Interpolation ist dabei das Oversampling. Hat man nämlich beim Abtasten mit dem A/D-Wandler das Sampling-Theorem nicht verletzt, kann man gemäss Theorie das ursprüngliche Signal exakt rekonstruieren und somit die darstellbaren Zwischenwerte zwischen zwei Samples berechnen. Hier gibt es unterschiedliche Methoden. Die einfachere ist eine lineare Interpolation, also das Verbinden der Samples mit einer geraden Linie, die bessere ist eine Filterfunktion, die im Zeitbereich eine sin(x)/x-Funktion ist, mit der das Signal "gefaltet" werden muss. Da dies doch einige Rechenleistung erfordert, bieten es nicht alle Geräte an. Das Problem der Interpolation stellt sich vor allem dann, wenn die Signalfrequenz hoch ist und damit eine kurze Zeitbasis erforderlich ist, bei den heute üblichen Samplingfrequenzen ab 1GHz also bei einer Zeitbasiseinstellung von weniger als 50ns/Div.
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Ein weiterer Unterschied zu den analogen Oszis ist das Schreiben der Kurve auf den Bildschirm. Beim Analog-Oszi wird die Kurve vom Elektronenstrahl während der Messung geschrieben, während beim DSO mindestens bei schneller Zeitbasis zuerst die Messwerte erfasst und im Speicher abgelegt werden und erst danach die Kurve gezeichnet wird, wobei dies relativ viel Zeit benötigt. Somit kann das Analog-Oszi im Prinzip sofort eine neue Messung beginnen, wenn die alte beendet ist, also der Strahl am rechten Rand angekommen und zurückgesprungen ist, wobei es eine gewisse "Totzeit" gibt, bis der Trigger wieder "scharf" ist. Bei den digitalen Kollegen muss aber nach der Messung noch das Bild geschrieben werden, und erst danach ist es bereit für eine neue Messung. So kommt man bei einfacheren Geräten auf 10..20 Messungen pro Sekunde, während analoge Oszis 10'000 Messungen pro Sekunde und mehr schaffen. Die geringe "Update-Rate" bewirkt, dass man zufällige Fehler (z.B. Spikes) in periodischen Signalen mit grosser Wahrscheinlichkeit verpasst, da sie gemäss Murphy genau dann nicht auftreten, wenn eine Messung erfolgt. Profigeräte haben da einige Tricks auf Lager, dazu später mehr. Weiter leuchtet der Bildschirm von Analog-Oszis nach, was bei variablen Signalen meistens vorteilhaft ist. Diese Funktion wird mittlerweile von vielen Oszis in Software nachgebildet, was dank den billigen Farb-TFTs möglich ist und den Vorteil bietet, dass die Nachleuchtdauer einstellbar ist.
Beim A/D-Wandler als Herzstück gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Varianten:
Die "klassische" arbeitet mit Flash-Wandlern, die direkt das Mess-Signal mit der üblicherweise fixen maximalen Samplingfrequenz abtasten. Die Samples werden je nach Zeitbasiseinstellung direkt in den Speicher geschrieben oder (bei zu wenig Speichertiefe) vorher dezimiert, wobei das Dezimationsverfahren wählbar ist (meistens die Optionen "Samples weglassen", "Mittelung" (Tiefpass) oder "Peak", also Speichern des grössten und kleinsten Werts der dezimierten Samples). Diese Wandler haben ein niedriges Rauschen und werden bei allen besseren Geräten verwendet, meistens mit 8Bit-Auflösung, bei Spitzengeräten mittlerweise auch 10Bit.
Die andere Variante arbeitet mit analogen Schieberegistern ("Eimerkettenspeicher") für die Erfassung der Samples, die A/D-Wandlung erfolgt erst nach der Erfassung, indem das Schieberegister mit einer tieferen Frequenz ausgelesen und dem (langsamen) A/D-Wandler verfüttert wird. Lange Zeit war diese Methode die einzige, welche hohe Samplingfrequenzen erlaubte. Nachteil ist relativ hohes Rauschen (effektive Auflösung ca. 5..6 Bit) und geringe Speichertiefe (Länge des Schieberegisters), maximal etwa 10'000 Samples. Heute findet dieses Verfahren teilweise noch bei billigen Oszis Verwendung, erkennbar an der geringen Speichertiefe.
Bei Mehrkanalgeräten gibt es noch einen Unterschied zwischen den Geräten. Gewisse haben nur einen A/D-Wandler, der im Mehrkanalbetrieb einen Kanal nach dem anderen abtastet, was bedeutet, dass bei Mehrkanalbetrieb die Samplingfrequenz sinkt. Bessere Geräte haben für jeden Kanal einen eigenen A/D-Wandler, dadurch werden auch alle Kanäle exakt gleichzeitig abgetastet. Das ist ein grosser Vorteil gegenüber den analogen Oszis, wo bekanntlich durch "Chopping" oder alternierende Darstellund ein Kanal nach dem anderen gemessen wird (Ausnahme die unbezahlbaren Oszis mit Zweistrahl-Bildröhre). Bei Geräten mit einem A/D-Wandler pro Kanal gibt es manchmal auch die Möglichkeit, im Einkanalbetrieb die Samplingfrequenz zu verdoppeln, indem der Kanal auf zwei A/D-Wandler geschaltet wird, die um den halben Samplingtakt versetzt das Signal abtasten und somit die Samples abwechslungsweise von den beiden Wandlern kommen.
Geräte mit 'schnellen' A/D-Wandlern (ohne "Eimerkette") haben relativ grosse Speicher von 1MSample an aufwärts, zum Teil wird er auf die aktiven Kanäle verteilt, zum Teil hat jeder Kanal seinen eigenen, fixen Speicher. Diese grossen Speicher erlaiuben auch bei längerer Zeitbasiseinstellung hohe Samplingfrequenzen. Mit der Zoom-Funktion kann dann ein Ausschnitt vergrössert angezeigt werden. Weiter bieten vor allem höherwertige Oszis die Möglichkeit, den Speicher zu "segmentieren", so dass er auf mehrere Messungen aufgeteilt wird. So können z.B. in einem 1MSample-Speicher 100 Messungen mit 10kSample abgelegt werden. Diese Geräte haben auch die Möglichkeit, diese z.B. 100 Messungen unmittelbar nacheinander auszuführen und erst danach anzuzeigen, so dass zwischen den Messungen keine "Totzeit" durch die Anzeige entsteht.
Eine Stärke guter DSOs sind die zahlreichen Messfunktionen. Da die Messkurve als Zahlenwerte im Speicher liegt, können nachträglich beliebige mathematische Funktionen angewendet werden. So kann der Effektivwert, Spitzenwert, Mittelwert, Pulsweite, Periodendauer, Phasenverschiebung, usw. durch Software berechnet werden, was nicht nur bequem, sondern auch viel genauer ist als das Abschätzen auf dem Bildschirm. Auch komplizierte Funktionen wie FFT oder Autokorrelation ist möglich, bei einfacheren Geräten dauert das dann halt länger, weil es sehr rechenintensiv ist. Gerade die FFT-Funktion ist oft nützlich und ersetzt in vielen Fällen einen Spektrum-Analyser. Die meisten Geräte bieten auch die Möglichkeit, die gespeicherten Samples via USB-Stick oder Direktverbindung auf einen PC zu kopieren, so dass man dort beliebige Nachbearbeitungen machen kann, welche das Oszi nicht kann. Auch Bildschirmfotos zwecks Dokumentation können ohne Kamera gemacht werden, was sehr praktisch ist, aber auch die Gefahr birgt, dass unzählige, wenig aussagekräftige Bilder in technischen Berichten landen, weil es halt so einfach geht.
Bei der Wahl eines Geräts spielt auch die Bedienung eine Rolle. Es gibt Geräte ohne Bedienelemente (z.B. PicoScope), die nur mit einem PC nutzbar sind, dafür sehr wenig Platz brauchen, solche mit und ohne Touch-Screnn und auch die Anzahl Bedienelemente ist recht unterschiedlich. Bei den Bedienelementen gibt es ein Dilemma: einerseits sind Einstellknöpfe pro Kanal nützlich, andererseits soll das Gerät wegen chronischem Platzmangel klein und der Bildschirm für gute Ablesbarkeit gross sein. Somit ist der Platz für die Bedienelemente beschränkt. Während bei einem Analog-Oszi etwa 3/4 der Frontplatte für Bedienelemente gebraucht wurde, braucht heite der Bildschirm den grössten Teil der Front. Somit braucht es Mehrfachbelegungen der Bedienelemente, und hier gibt es bezüglich Bedienbarkeit grosse Unterschiede zwischen den Herstellern. Muss man sich durch Untermenus durchwählen, wird es schnell mühsam. Auch die Qualität des Bildschirms (Kontrast, Ablesewinkel, Helligkeit) ist sehr unterschiedlich.
Die maximale Samplingfrequenz ist für "normale" Anwendungen eigentlich kein Thema, weniger als 1GHz bietet kaum mehr einer an. Man sollte aber das "Kleingedruckte" lesen, bei preiswerten Geräten gilt der angegebene Wert meistens nur im Einkanalbetrieb. Die Auflösung vom A/D-Wandler spielt in der Praxis meistens keine Rolle, 8Bit sind für das Heimlabor immer ausreichend. Geräte mit "Eimerkettenspeicher" (erkennbar an Speichertiefen <10'000 Samples) rauschen zwar mehr, sind aber für das Heimlabor ausreichend. Lediglich die geringe Speichertiefe ist eine Einschränkung, insbesondere für die FFT, und man fällt eher mal auf Aliasing rein.
Die analoge Bandbreite ist natürlich genau wie bei den analogen Oszis eine wichtige Grösse, auch hier sollte man das "Kleingedruckte" beachten. Die meisten Oszis haben in den empfindlichen Vertikal-Einstellungen (10mV/Div und weniger) eine zum teil stark reduzierte Bandbreite. Es kann durchaus sein, dass ein 200MHz-Oszi bei 2mV/Div nur noch 20MHz Bandbreite hat. Wegen den üblicherweise verwendeten 10:1-Sonden sollte die vertikale Empfindlichkeit bis 1mV/Div reichen, was meistens der Fall ist.
Wer viel mit digitalen Schaltungen zu tun hat, wählt ein Gerät, das auch als Logik-Analyser nutzbar ist (sogennante "Mixed Signal"-DSO, kurz MSO). Hier können die 8 Bits, die normalerweise von einem A/D-Wandler stammen, extern als Digitalsignale eingespeist und einzeln dargestellt werden. Je nach Gerät hat man diese digitalen Kanäle zusätzlich zu den analogen oder kann zwischen einem Analogkanal oder 8 Digitalkanälen umschalten.
Bei vielen Geräten lassen sich per Software-Schlüssel Funktionen nachrüsten. So kann man das Gerät den persönlichen Anforderungen entsprechend konfigurieren und muss nicht Funktionen kaufen, die man gar nicht braucht.
Ideal ist es, wenn man vor dem Kauf ein Gerät ausprobieren kann, da viele Dinge aus den technischen Daten nicht ersichtlich sind. So kann z.B. eine träge Reaktion auf die Bedienung äusserst mühsam sein. Geräte mit vielen Funktionen erfordern zudem eine vertiefte Einarbeitung in das Gerät. Die Bedienungsanleitung der RTE-Serie von Rohde&Schwarz z.B. hat ca. 1500 Seiten...