Probleme mit dem Tastensatz gelöst, Reparatur und Restaurierung eines ungewöhnlichen Radios Bj 1958
Hallo zusammen,
ich habe hier ein Radio mit einem Tastensatz (Gebissradio) und der Röhrenbestückung ECC85, ECH81, EBF89, EBF89, ECL82. UKW geht wunderbar, nur die Bereiche Lang- bis Kurzwelle sind tot. Der Oszialltor scheint nicht zu schwingen. Ich habe die Messpitze des Oszis in die Nähe gehalten, normalerweise müsste man die Schwingung deutlich sehen. Alle Widerstände an der ECH81 überprüft. ECH81 ausgetauscht. Tastensatzkontakte gereinigt. Mit dem Multivibrator ist nur schwach was zu hören am Gitter der Heptode. Spannungen sind alle da, auch an der Anode der Triode. Hinter dem 1. ZF-Filter eingespeist, ist der Mulitivibrator deutlich zu hören. Kurzzeitig ging mal Mittelwelle. Aber nach dem Umschalten war der Empfang wieder weg. Hat jemand eine Idee? Ich glaube, es liegt am Tastensatz, an dem schwer ranzukommen ist. Es kann Korrosion sein oder ein mechanischer Fehler.
Ein Schaltbild habe ich natürlich nicht.
Nachtrag: Nach einer Stunde spielte das Radio wiederauf LMK. Ich weiß nicht warum? Ich habe nichts gemacht. Vielleicht musste die Reinigungsflüssigkeit einwirken? Während das Radio auf Kurzwelle einen Sender empfing, habe ich mit einem Holzstäbchen an allen Kabeln und Bauteilen gewackelt. Einen Wackelkontakte konnte ich nicht feststellen. Nun werde ich mal abwarten.
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11.07.13 14:38
roehrenfreak
nicht registriert
11.07.13 14:38
roehrenfreak
nicht registriert
Re: LMK tot, UKW geht wunderbar
Hallo Volker,
könntest Du bitte den Gerätetyp nennen? Vielleicht hat ja jemand das SB zur Hand
Ein Fehler im "Klavier" wäre durchaus denkbar. In solchen Fällen versuche ich zunächst mit Reinigungsspray und "Klavierspielen" die altersschwachen Schaltkontakte in die Gänge zu bekommen. Tipp: Bewährt und preisgünstig ist Acetonfreier Bremsenreiniger, mit dem man das Wellenschalteraggregat gezielt fluten kann. Bitte aber nur draußen oder bei weit geöffnetem Fenster machen wegen der Dämpfe!
Noch eine Frage: Ist die Tausch-ECH81 neu und/oder in einem anderen Gerät als funktionstüchig befunden worden? Damit hab ich mich nämlich auch schon einmal selber veräppelt...
das Radio nennt sich Luxor Applåd. Die Schaltbilder von Luxor sind manchmal schwer zu beschaffen. Aber wie ich als Nachtrag schrieb, spielt das Radio wieder auf allen Wellenbereichen. Das Magische Auge leuchtet noch schwach. Was will ich mehr?
Eine andere Frage. Im Netzteil (mit Netztrafo) zerbröselte ein kleines Bauteil, etwa so groß wie ein Pfennig, mit rauer, schwarzer Oberfläche. An beiden Seiten sind Kontakte angelötet. Ist das ein VDR? Ich habe ihn durch eine Drahtbrücke ersetzt.
Re: LMK tot, UKW geht wunderbar (Tastensatzproblem?)
Hallo Volker,
erst einmal - huii - das ist aber ein sehr eigenwilliges Design, gefällt mir wirklich gut!
Das zerbröselte Bauteil kann meiner Meinung nach eigentlich nur ein NTC sein, wenn es sich durch eine Drahtbrücke ersetzten lässt. Das könnte also eine "Einschaltstrombremse" gewesen sein.
Ein VDR wird ja spannungsabhängig niederohmig und wird zum Beispiel als Überspannungsschutz eingesetzt.
Noch ein Tipp: An mehreren Radios habe ich eine kleine Modifikation durchgeführt, die das "Sich-zu-Tode-Heizen" der Triode in der ECH81 verhindern oder zumindest verzögern soll. Ein zusätzlicher 220k -Widerstand lässt auch bei UKW-Betrieb einen kleinen Anodenstrom fließen, ohne dass der AM-Oszillator schwingt. Der Widerstand wird einfach zwischen Arbeits- und Ruhekontakt des Umschaltkontaktes gelötet, der die Anodenspannung zwischen AM- und FM-Betrieb umschaltet.
Leider kann ich ebenfalls keine Unterlagen zu dem Gerät bereit stellen. Der Hersteller ist in meiner Datenbank noch gar nicht angelegt... - schääääm
Re: LMK tot, UKW geht wunderbar (Tastensatzproblem?)
Hallo Volker,
ein Schaltbild habe ich leider auch nicht. Aber das Design ist ja wirklich mal was ganz anderes. Klasse.
Zumindest der UKW-Kasten scheint einer von Telefunken zu sein. Den Plan dafür könnte ich ggf. zuschicken (fals du den nicht selber hast). Ansonsten sieht das Chassis ja gut aus - fast wie geswaschen
Gruß Oliver
P.S. In welchem Zustand sind denn die Papier C's mit der Teerfüllung ? PPS. Schau dir mal die Netzzuleitung abgehend vom Schalter an - die liegt an der Achse des LS-Einstellers.
Re: LMK tot, UKW geht wunderbar (Tastensatzproblem?)
Hallo zusammen,
danke für eure Hilfestellungen. Es ist verhext. Nach dem Einbau haben die Tasten geklemmt, so dass sich Radio fast nicht mehr einschalten ließ. Dann habe ich das Chassis wieder ausgebaut und die Tastensatzmechanik mit ölhaltigem Kontaktspray behandelt. Jetzt "flutscht" wieder alles, aber es geht nur noch UKW
Das ölhaltige Kontaktspray hat sich bei anderen Tastensätzen und in Potis bestens bewehrt. Aber hier ist es zum Verzweifeln.
Re: LMK tot, UKW geht wunderbar (Tastensatzproblem?)
Hallo Volker,
einen Anhaltspunkt könnten liefern:
> die Anodenspannung der ECH81 (erwartet werden um die 200-250V) > die Gitterspannung der ECH81 (bitte über einen 1M-Vorwiderstand mit einem Multimeter Ri=10M messen. Erwartet wird eine negative Spannung von einigen wenigen Volt, wenn der Oszillator schwingt. Unbedingt auf allen AM-Bereichen komplett prüfen!)
Ansonsten käme auch noch der erwähnte Tastaturfehler in Betracht. Mit ölhaltigen Reinigern muss sehr vorsichtig agiert werden. Ein Tropfen an der falschen Stelle (z.B. zwischen den Schaltkontakten) kann schwere Funktionsstörungen verursachen.
Bitte auch einmal die Fassung und die Sockelstifte der ECH81 eingehend untersuchen - hier hatte ich bereits das zweifelhafte "Vergnügen" mit ermüdeten Fassungskontakten.
Bitte stelle auch sicher, dass die Röhre einwandfrei in Ordnung ist. Wenn möglich prüfe bitte die Emissionsleistung des C-Systems. Die Betriebserfahrung hat mich bisher gelehrt, dass etwa 7 von 10 Röhren schwach bis unbrauchbar sind. Damit ist die Funktion des AM-Oszillators nicht mehr immer sicher gewährleistet. Meist fällt dann zuerst die Kurzwelle aus.
Re: LMK tot, UKW geht wunderbar (Tastensatzproblem?)
Hallo Jürgen,
danke für deine Tipps. Die Kontakte habe ich wieder entfettet, worauf das Radio wieder einwandfrei funktioniert. Einige Kontakte, die erreichbar waren, hatte ich zurechtgebogen und auch das Gestänge mit sanfter Gewalt etwas gebogen. Jetzt gehen alle Wellenbereiche und die Tasten verklemmen sich nicht mehr. Etwas schwer ging das Ausschalten, wenn das Radio auf Mittelwelle stand, aber auch das habe ich durch entsprechendes festes Drücken auf das Gestänge beheben können. Dadurch hat sich wohl das Gestänge minimal verbogen. Ich vermute, dass die Mittelwellentaste am meisten im Einsatz war. Jetzt muss man abwarten, ob auch morgen noch die Mechanik funktioniert, wenn sich das Öl verteilt hat und die Reinungsflüssigkeit verdunstet ist.
Das mit dem Widerstand ist eine sehr gute Idee. Allerdings muss ich in dem Gewirr den passenden Kontakt finden.
Das Radio ist Baujahr 1958 und hat auch für schwedische Verhältnisse ein etwas ungewöhnliches Design. Die Front besteht aus lackiertem Aluminium, das auf eine Pressholzplatte geklebt ist. Die Packungsdichte des Chassis ist enorm. Das Wechseln der EHC81 ist nicht einfach, da sie eingekeilt zwischen dem UKW-Tuner, dem Drehkondensator und dem Lautsprecher angeordnet ist. Auch sonst ist vieles sehr schwer zugänglich. Alle Röhren und der UKW-Tuner sind von Telefunken. Der Telefunken-UKW-Tuner ermöglicht eine Kurzwellenlupe. Dazu muss man den UKW-Stationsknopf verdrehen.
Die genaue Bezeichnung des Radios ist Luxor 3891W, Baujahr 1958, damaliger Listenpreis 335,- Kronen. Ein Angestellter hatte damals etwa 1000 Kronen nach Steuern verdient. Ich habe mal im Internet geforscht und festgestellt, das viele nach dem Schaltbild vergebens suchen.
Das Radio habe ich auch im Radiomuseum von Jönköping entdeckt. Das Foto ist von mir:
Dort ist es in einem optisch besseren Zustand. Aber die Radios auch funktionieren, weiß das Museum nicht.
Da mein Exemplar gut spielt und empfindlich ist, habe ich nur den Koppelkondensator zum Gitter der NF-Pentode gewechselt. Der Gitterableitwiderstand hat dort 10 MOhm. Trotzdem war vor dem Kondensatortausch der Spannungsabfall am Kathodenwiderstand in Ordnung. Die Papierkondenstoren scheinen noch brauchbar zu sein.
Das Chassis wurde mit Glasreiniger, Pinsel und Wattestäbchen geputzt. Mit kleinen Stofffetzen und Holzstäbchen konnten größere Flächen geputzt werden. Das Chassis war auch nur leicht angestaubt.
Re: LMK tot, UKW geht wunderbar (Tastensatzproblem?)
Wow, Volker,
das freut mich wirklich sehr - schön! Steht nun zu hoffen, dass es so bleibt und die Fehlersuche damit als abgeschlossen gelten darf. Ein klein wenig neidisch bin ich ja zugegebenermaßen auf das Radio schon
Wie dem auch sei - Viel Freude mit diesem eigenwillig-hübschen "Wellenfänger"!
Re: LMK tot, UKW geht wunderbar (Tastensatzproblem?)
Hallo Jürgen,
heute Morgen ging immer noch alles einwandfrei. Gestern Abend hatte ich die Gleitfläche der Kontaktleiste für die Mittelwelle mit einem winzigen Tropfen Motoröl geschmiert. Nun ging auch das Ausschalten von der Stellung "Mittelwelle" einwandfrei. Bei dem Tropfen Motoröl handelt es um ein Tröpfchen, mit dem die Spitze eines Stück Schaltdrahtes benetzt war. Es ist also ganz ganz wenig. Mechanische Probleme treten ja oft deshalb auf, wenn durch Verschleiß vielleicht 2/100 mm an Material zu viel fehlen. Und dies kann durch Drücken, Biegen und Schmieren oft noch ausgeglichen werden.
Mit Motoröl hatte ich noch nie Probleme wegen Verharzungen. Seit 15 Jahren schmiere ich zum Beispeil die Nadellager in PC-Lüftern mit Motoröl, wodurch sie leiser und länger laufen. Eine Verharzung hatte ich noch nie erlebt.
Ich muss zugeben, dass die Farbgestaltung auch für ein schwedisches Radio eher ungewöhnlich ist. Die Konstruktion des Skalenglases und die runden Ecken sind allerdings typisch für schwedische Radios aus dieser Epoche. Ich nehme an, das Radio war als Zweitgerät gedacht. Ende der 50er Jahre erlebte Schweden einen ungeahnten Wohlstand mit dem höchsten Lebensstandard in Europa. Alles musste modern sein. Der Fortschrittsglaube war ungebremst. Die Innenstadt Stockholms wurde abgerissen, vollkommen umgestaltet und neu aufgebaut. Viele hatten bereits eine Musiktruhe im Wohnzimmer und zusätzlich noch einen Fernseher, der ab 1956 mit der Einführung des Fernsehens in Schweden Einzug in die Wohnzimmer nahm. Oft stand das Zweitgerät in der Küche. Die Jugendlichen wollten aber auch ein Radio haben und hörten abends gerne ausländische Mitttel- und Kurzwellensender ab. Radio Luxembourg und AFN waren besonders bei den jüngeren Zuhörern wegen ihrer Musiksendungen beliebt. Das schwedische Radioprogramm war eher konservativ und zu textlastig und hatte mehr die Volksaufklärung zum Wohle der schwedischen Gesellschaft zum Ziel.
Dies ist auch heute noch so. Manche Sendungen sind hochinteressant, andere sterbenslangweilig. Gerade kam eine Sendung darüber, dass sich die Teilnehmerzahlen auf Trauergottesdiensten in den letzen 30 Jahren statistisch gesehen von 50 auf 25 halbiert haben. Dieser Tage hatten wir einen herrlichen Sommertag mit wolkenfreien Himmel den ganzen Tag. Prompt kam eine Sendung über die steigenden Hautkrebsfälle. Ich könnte noch mehr berichten, was nie durch den deutschen Rundfunrat gehen würde und ich wage nicht darüber zu berichten, obwohl es in Schweden ganz selbstverständliche Themen am Mittagstisch sind. Den meisten Deutschen würde bei diesen gut gemeinten und wissenschaftlich abgesegneten Aufklärungssendungen der Appetit dabei vergehen. Schweden ist nicht nur hinsichtlich des Designs in mancher Hinsicht eine vollkommen andere Welt.
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-Widerstand lässt auch bei UKW-Betrieb einen kleinen Anodenstrom fließen, ohne dass der AM-Oszillator schwingt. Der Widerstand wird einfach zwischen Arbeits- und Ruhekontakt des Umschaltkontaktes gelötet, der die Anodenspannung zwischen AM- und FM-Betrieb umschaltet.
